Selbsthilfeerhebung 2017

Eine Bestands- und Bedarfserhebung zu bundesweiten Selbsthilfeorganisationen identifizierte 160 Organisationen und zeigt die Vielfältigkeit des Feldes auf.

Im Auftrag des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger hat die Gesundheit Österreich eine Online-Erhebung unter den bundesweiten Selbsthilfeorganisationen (B-SHO) durchgeführt. Studien-Autorin und -Autor zeichnen ein umfassendes Bild der Selbsthilfelandschaft auf Bundesebene, ihrer Diversität und der Vielfalt ihrer Aktivitäten. Ebenso wird über die Bedeutung der B-SHO, ihren Nutzen und auch ihrer Grenzen diskutiert.

Eine „typische“ Bundes-SHO besteht seit durchschnittlich 18 Jahren, hat Rechtsstatus mit zumeist Einzelpersonen als Mitglieder und engagiert sich im Bereich einer somatischen Erkrankung. In einer Bundes-SHO sind (im Median) 850 Personen, zumeist Betroffene bzw. Angehörige, organisiert. Die „typische“ Bundes-SHO weist Mitglieder bzw. Strukturen in neun Bundesländern auf. Sie agiert österreichweit und vertritt Interessen auf Bundesebene. Priorisierte Aktivitäten sind insbesondere die direkte Unterstützung von Betroffenen und Angehörigen sowie Öffentlichkeitsarbeit gegenüber der Bevölkerung; Interessenvertretung ist auf Bundesebene ein eher nachrangiges Aktivitätsfeld mit schlechter Zielerreichung.

Die „typische“ Bundes-SHO pflegt engen Kontakt mit ihren Mitgliedern und unterstützt diese durch einheitliches Informationsmaterial und Schulungen. Sie steht in häufigem telefonischem Kontakt mit ihren Untergruppen. Sie kann also als themenbezogene Selbsthilfeunterstützung für ihre Untergruppierungen betrachtet werden.

Durch themenbezogene Unterstützungsaktivitäten für Betroffene eines bestimmten Problems und deren Angehörige bzw. für ihre regionalen Gruppierungen konnten die Bundes-SHO umfangreiches Erfahrungswissen über Probleme, Alltag und Anliegen von Betroffenen und Angehörigen sammeln. Dies und der hohe Grad an Selbstorganisation und Betroffenenkontrolle macht sie zu einer geeigneten Betroffenen-Vertretung.

Die Ressourcenausstattung von Bundes-SHO ist als ungünstig zu bezeichnen: Bundes-SHO haben im Median ein Jahresbudget von 7.000 Euro. Förderungen durch die Wirtschaft sind bedeutsamer als jene durch die öffentliche Hand. Extern gefördert werden insbesondere Aktivitäten zur Unterstützung der Betroffenen, am seltensten Interessenvertretungen.

Die wichtigste Ressource von Bundes-SHO sind ihre ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen, die aber nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen. Regelmäßig sind für die Bundes-SHO nur sechs Personen pro Organisation aktiv (im Median). Die ehrenamtlich Aktiven stoßen häufig an ihre Belastungsgrenzen.

Eine spezifische Förderung von Bundes-SHO erscheint gerechtfertigt, da sie nur wenige Beziehungen zu Selbsthilfe-Unterstützungseinrichtungen auf Landesebene pflegen und es ihnen an organisatorischer Unterstützung von außen mangelt. Ohne Verbesserung der Rahmenbedingungen ist das Fortbestehen vieler Bundes-SHO gefährdet und ihre Aktivitäten in den Bereichen Interessenvertretung und Dienstleistung würden deutlich reduziert.

Die Bedarfserhebung ergab, dass sich finanzielle Unterstützung auf Basis- und Projektförderung sowie die Förderung von Interessenvertretung konzentrieren soll. Organisatorische Unterstützung sollte themenübergreifend erfolgen und sich u. a. auf Öffentlichkeitsarbeit zur Bewusstseinsbildung über Selbsthilfeorganisationen in der Bevölkerung, auf gezielte Maßnahmen zum Gewinnen von ehrenamtlichem Nachwuchs und auf die Entwicklung von Konzepten zur Förderung von Kooperationen zwischen Bundes-SHO und Gesundheitssystem/-versorgung konzentrieren.